Verfrüht zurück ...
... aus den Alpen. Ich hab' die FJR zwei Tage früher als geplant wieder abgegeben. Eigentlich hätte ich sie gleich beim Händler stehen lassen können, denn als ich, neben dem Moped stehend, die FJR auf dem Seitenständer, den Lenker von ganz links auf gerade aus drehen wollte, war mir schon alles klar

Ein schweineschwerer, schweinesturer Schweinebock, vorderradlastig bis zum Erbrechen.
Wie die Herrschaften in jenem nun sattsam bekannten FJR-Forum eben.
Wie sagte man schon im Mittelalter: "wie der Herr so's Gscherr!"
Hier nun, seeehr subjektiv und geprägt von DER Enttäuschung des Jahres ein leichter Verriss eines zweifachen Motorrads des Jahres.
Warum ich enttäuscht bin?
Aufgrund der überschwenglichen Testberichte hatte ich eine vermutlich unerfüllbare Erwartungshaltung aufgebaut. Ich freute mich auf eine Doppel-X mit Kardan und ABS.
Leider lag ich weit daneben, ich fuhr einen vibrierenden, heulernden und pfeifenden Eierkocher, sonst nix

Gute Seiten hat die FJR auch, unbestreitbar:
1. Beste Sicht nach hinten, einfach perfekte Rückspiegel.
2. Gute bis sehr gute Hinterradbremse.
3. Sagenhafte (Spitz-) Kehrentauglichkeit, da kippelt auch bei geringster Geschwindigkeit nichts, der Motor zieht (angsterweckend klingelnd) aus dem tiefsten Drehzahlloch hoch.
4. Fast unglaublich geringer Verbrauch, zumal bei den Massen, die da bewegt werden. Über 1.100 km in den Alpen ergaben einen Verbrauch von 5,09 Litern/100 km.
Ca. 270 Autobahn-km bei rund 160 km/h ergaben einen Verbrauch von 5,37 Litern/100 km.
5. Der Lenkeinschlag ist riesig, man kann damit in kleinstem Radius wenden - wenn man's kann natürlich nur. Sonst plöpp

6. Der Motor ist extrem drehfreudig, geradezu drehzahlgierig oben raus, wenn man mit den Folgen, die weiter unten beschrieben werden, leben will.
Soweit die Positivpunkte. In meinem Fall überwiegen leider die Negativpunkte und zwar massiv

1. Den Motorlauf kann ich nur als sehr unkultiviert und rauh bezeichnen. Ab ca. 4.500 U/min kommen Vibs ins Spiel, und zwar die richtig unangenehmen typischen Vier-Zylinder-Vibs, von denen man denkt, es gibt sie heutzutage gar nicht mehr. In den Lenkerenden, im Rahmen, in den Fussrasten, einfach überall.
2. Das Fahrwerk ist anfänglich sehr behäbig. Zu beachten ist hierbei, dass ich die letzten Monate auschliesslich M 900 S i.e. gefahren bin, ein Kinderfahrrad gegen die FJR!
Allerdings muss ich sagen, kam ich nach drei, vier Tagen besser zurecht, zum Schluß fand ich das Fahrwerk geradzu agil.
Könnte sein, dass ich morgen auf der Monster entsetzt eine Hypernervosität diagnostiziere

3. Die FJR hat zwar eine ziemlich lange Schwinge, aber Yamaha täte sich mit einer Momentabstützung einen grossen Gefallen. Es ist mir vollkommen schleierhaft, warum die ganzen Profitester angeblich keinen Gummikuheffekt feststellen können. Wie die FJR beim Angasen den *beep* hebt, sich das ganze Fahrwerk wie ein Paralellogramm schräg nach vorn oben verschiebt, das ist schon grausam. Noch grausamer wird's, wenn man schlagartig das Gas zu macht und die Fuhre dann in sich zusammen fällt.
4. Die FJR ist über alle Maßen frontlastig. Dazu kommt das neulich vom seriösen BMW-Fahrer beschriebene heftige Vorne-Eintauchen beim Anbremsen.
5. Drehmoment und Leistung sind wahrlich genug vorhanden. Leider nützt das nix, weil die Übersetzung und das 5-Gang-Getriebe voll daneben sind. Die Getriebeabstufung passt nicht, und so ist z.B. eine BMW K 1200 RS mit etwas weniger Drehmoment (117 Nm) und Leistung (130 PS) bei gleichem Gewicht eine FJR um einiges agiler. Dazu kommt, dass der rauhe Motorlauf einen immer bestrebt sein läßt, die Drehzal nach Möglichkeit unter ca. 4.000 U/min zu belassen. Danach fangen nämlich die harntreibenden Vibs an. Wenn man sich z.B. in den Bergen um an einer gut gefahrenen K 1200 RS dran zu bleiben, im niedrigeren Gang bei höherer Drehzahl, in dem Bereich wo 110 bis 125 Nm anliegen, bewegt, dann hat man zwar auf der einen Seite kein Leistungs-, dafür aber ein Fahrstuhlproblem. Dann reagiert das FJR-Fahrwerk eben leider wie ein typisches Kardan-Fahrwerk, und zwar heftig. Macht also dann, abgesehen von den Vibrationen, auch keinen Spass. Fährt man hingegen so, dass man Spass hat, dann hat man keine abrufbare Leistung. Das Konzept ist also so oder so mißlungen.
Nun könnte man natürlich argumentieren, dann fährt man in den Bergen eben unter 4.000 U/min, dann hat man weder die Vibs noch den Fahrstuhl, und hat vermutlich immer noch ca. 90 bis 100 oder 105 Nm zur Verfügung, mithin also so viel oder mehr als die meisten anderen Mopeds in der Spitze an Drehmoment zur Verfügung stellen. Leider aber übersieht eine solche Argumentation das doch enorme Gewicht des Yamaha Eierkochers! Vergesst die Angaben, die es so zu lesen gibt, ich hab die Karre vollgetankt gewogen, es sind immerhin 286,4 kg.
6. Die Bremse vorne ist unangenehm weich, einen Druckpunkt gibt es erst, wenn das ABS anfängt zu regeln! Angeblich soll die Bremse aus der R1 sein. Ich kann mir nun überhaupt nicht vorstellen, dass ein R1-Fahrer mit so einem Druckpunkt und einer solchen Teigigkeit leben kann und will. Ausserdem ist die Auslegung sehr defensiv, man ziehen wie ein Horst eh was passiert. Eine gute Bremse ist was anderes!
Andererseits ist das aber nicht weiters schlimm, dass man immer mindestens drei Finger braucht, besser alle vier, denn die Gefahr des Überbremsens gibts dank ABS nicht!
7. Zwischen 2.000 und 3.000 U/min hat die FJR das stärkste Konstantfahrruckeln, das ich bisher jemals bei einem Moped erlebt habe. Das zunächst nur leichte Gehüpfe schaukelt sich durch den Endantrieb mit den vielen Lagerstellen und den verschiedenen Spielen allerdings schnell zu einem ordentlichen Bockspringen auf, das man nur durch einen Zug am Kabel oder aber an der Kupplung beenden kann.
8. Das Fahrwerk ist herstellerseitig komfortbetont ausgelegt, was eine gewisse Behäbigkeit, einem Schluck Wasser in der Kurve nicht unähnlich, nach sich zieht. Bei der von mir gefahrenen FJR waren Metzeler Z4 montiert. Meines Erachtens zeichnen sich die Reifen u.a. durch eine ziemlich hohe Eigendämpfung aus, was die Komfortorientierung zusätzlich und nachteilig unterstützt. Wenn man den Luftdruck auf 2,8 und 3,4 erhöht, wird die Fuhre straffer, aber die Reifenhaftung hat man damit natürlich nicht gerade erhöht.
Eine Umbereifung auf einen Reifen mit etwas weniger Eigendämpfung könnte m.e. einiges an Schwammigkeit aus der Fuhre rausnehmen.
9. Wenn man die Ballen wie es sich gehört, auf die Rasten stellt, und diese Tourenfahrer-Entenhaltung auf den Rasten aufgibt, stellt man alsbald fest, dass man mit der linken Ferse nicht zurecht kommt. Der Ausleger der Hauptständers ist nämlich dann im Wege. Auch so gesehen ist die FJR ein Tourer und sonst nichts. Aussagen wie "Sporttourer mit Schwergewicht auf Sport" und was ich sonst so gelesen habe sind nichts als Ahnungslosigeit des Fahrers.
10. Ab ca. 3.000 U/min beginnt ein haarsträubendes Singen, Heulen und Pfeifen des Triebwerks. Es ist mir nicht gelungen, die Herkunft der Geräusche zu lokalisieren. Es könnten die Getriebezahnräder sein (vielleicht geradeverzahnt?), es könnte der Lima-Antrieb sein, es kann auch aus dem Endantrieb kommen. Auf alle Fälle ist es äussert nervenaufreibend, man hat das Gefühl, auf einer Turbine zu sitzen.
11. Die Kontrollleuchten sind am Tage, zumal, wenn die Sonne scheint, kaum zu sehen.
12. Das allerschlimmste Übel ist die irrsinnige Hitzeentwicklung des Motors und die vollkommen bescheuerte Ableitung der Hitze. Die FJR ist ein einziger Eierkocher, ein reines Frühjahr-, Herbst- und Wintermoped. Diese Hitzeentwicklung ist ein absolutes k.o. Kriterium. Es wundert mich, dass in den USA noch keiner auf die Idee kam, Yamaha wegen zeugungsunfähigem Samen zu verklagen. Ich bin sicher, das Moped macht aus Spermien sinnlosen weissen Klebstoff.
13. Dass das ABS auf dem Stand von vor 12 bis 15 Jahren ist, damals in der FJ und der GTS eingesetzt, ist hinlänglich bekannt. Das ist einerseits zwar eine Art Verarschung der Käufer, aber andererseits immer noch tausend Mal mehr wert als gar keines.
Was aber hingegen kaum bekannt ist, ist, dass auch die Benzinaufbereitung auf dem gleichen Uralt-Stand ist. Es handelt sich im Grunde genommen fast um eine K-Jetronic. Einen Luftmengenmesser hat die FJR nicht, die Gemischzusammensetzung wird auschliesslich nach Drosselklappenstellung vorgenommen. Das entlarvt die FJR als technisches Uralt-Produkt, für das, wenn man berücksichtigt, welchen Gegenwert man erhält, rund 5.000 Euro zuviel verlangt werden.
So, das sind meine Ergebnisse aus sechs Tagen FJR Fahren.
Klar, der Motor ist eine Wucht. Wenn man damit leben kann, dass unter 4.000 U/min gar nix passiert, bis 5.000 U/min dann doch ein bisschen was geht und dann bis in den Begrenzer die Sau raus kommt, aber eben auch die Plomben locker werden. Und trotzdem muss ich sagen, ist die Leistungsabgabe einer eingespritzten Doppel-X über die gesamte Bandbreite wesentlich harmonischer, agiler, mit viel früher viel mehr Zug!
Normalerweise wäre ich jetzt soweit, mir wieder eine zu kaufen, aber am Freitag hatte ich in Bludenz wieder mal so ein Schlüsselerlebnis mit dem ABS der FJR. Ich bin schon immer ein großer ABS-Anhänger, und es ärgert mich ohne Ende, dass es z. B. keine ABS-gebremste Doppel-X gibt. Aber seit vorgestern in Bludenz weiß ich wieder, dass ich, was ABS anbelangt, keine Kompromisse eingehen werde. Lieber eine RT mit ABS als eine unendlich viel geilere Doppel-X ohne ABS!
So, jetzt kann ich das Geschriebene leider nicht mehr durchlesen, muss jetzt nach Hause, Formel 1 gucken.
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Verstanden durch vollumfängliches Begreifen: Heizen ist sicherer als cruisen

Gruss, H.H.
QUELLE: http://www.evisor.net/forum/showthread. ... readid=467
Also wohl auch nicht so ganz das Wahre.
Mich interessiert mal, was Volker für Erfahrungen mit seiner 1200 TROPHY hat.
Gruß Uwe